Hat man einen Anspruch auf eine Bedauerns- und Wunschformel in einem Arbeitszeugnis? (LAG München, Urteil vom 15.7.2021 – 3 Sa 188/21)
Viele Arbeitszeugnisse sind am Ende eines Beschäftigungsverhältnisses der Ausgangspunkt für Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die sogenannte Bedauerns- und Wunschformel ist neben der Beschreibung der Tätigkeiten und der enthaltenen Bewertungen ein sehr häufiger Streitpunkt. Bei dieser „Formel“ handelt es sich um den Satz, mit dem das Zeugnis beendet wird und der Arbeitgeber sein Bedauern für das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis und auch seine Wünsche an den Arbeitnehmer für die Zukunft zusammenfasst.
Lange Zeit war streitig, ob Arbeitnehmer hierauf einen Anspruch haben und ob es sich hierbei um einen erforderlichen Inhalt eines Zeugnisses nach § 109 GewO handelt. Das Bundesarbeitsgericht hatte insoweit bereits im Jahr 2001 und im Jahr 2011 entschieden (BAG, Urteil vom 11.12.2012 – 9 AZR 227/11), dass ein solcher Anspruch grundsätzlich nicht besteht.
Von diesen Grundsätzen sind aber mehrere Landesarbeitsgerichte teilweise abgerückt und haben Arbeitnehmern trotz der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Anspruch zumindest eine Wunschformel bei einem überdurchschnittlichen Zeugnis zugesprochen (so z.B. das LAG Hamm, Urteil v. 08.09.2011 – 8 Sa 509/11, für den Fall eines Vergleichs, in welchem für das Zeugnis ein für das berufliche Fortkommen Förderlichkeit vereinbart wurde oder auch des LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.1.2021 – 3 Sa 800/20, für den Fall eines überdurchschnittlichen Zeugnisses, da ansonsten das Zeugnis ohne eine solche Wunschformel entwertet würde.
Aktuell hatte nun auch das LAG München, Urteil vom 15.7.2021 – 3 Sa 188/21, über einen solchen Anspruch zu befinden. Im Ergebnis lehnte das Gericht eine Bedauernsformel auch bei einem Zeugnis mit der Note Gut ab, da eine solche auch in diesen Fällen nicht üblich sei. Auch die Aufnahme von Wünschen für die private Zukunft des Arbeitnehmers lehnte es ab. Offen ließ das Gericht jedoch, ob das auch für die berufliche Zukunft gilt.
Tipp: Angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sollte gerade in Kündigungsstreitigkeiten im Rahmen eines Vergleichs mitgeregelt werden, ob eine solche Formulierung in das Arbeitszeugnis aufgenommen werden soll. Vor allem gilt das, wenn der Arbeitnehmer auch eine Bedauernsformel oder die Aufnahme von Wünschen zur privaten Zukunft wünscht. Selbst im Fall eines sogenannten Vorschlagsrechts für das Zeugnis, nach welchem der Arbeitnehmer sich das Zeugnis selbst schreiben kann und der Arbeitgeber hiervon nur aus Gründen der Wahrheit abweichen kann, sollte in einen Vergleich aufgenommen werden, dass es eine solche Formulierung enthält. Gegebenenfalls sollte auch in Hinblick auf eine eventuelle Vollstreckbarkeit des Vergleichs die genaue Formulierung des Satzes aufgenommen werden.
Ob die Formulierung auch bei einem „durchschnittlichen“ Zeugnis, also einem Zeugnis mit der Note Befriedigend aufgenommen werden sollte, ist mehr als fraglich. Denn insbesondere eine Bedauernsformel könnte insoweit zum übrigen Zeugnistext recht widersprüchlich wirken, da der Arbeitgeber ggfls. den Weggang eines durchschnittlichen Mitarbeiters nicht bedauert.