Können private WhatsApp-Nachrichten eine Kündigung rechtfertigen? (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2021, 21 Sa 1291/20)
Regelmäßig tauschen sich Arbeitnehmer auch über Ihre Arbeit auf sozialen Medien aus. Veröffentlichen Mitarbeiter abwertende Meinungen über Ihren Arbeitgeber zum Beispiel in einem öffentlichen Facebook-Beitrag, können diese Äußerungen auch von einem Arbeitgeber zum Anlass einer Kündigung genommen werden. Ob das auch für eine private, nicht öffentliche Kommunikation zwischen zwei Personen gilt, ist fraglich. Das LAG Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2021, 21 Sa 1291/20) hatte über einen solchen Fall jetzt zu entscheiden. Der Arbeitgeber hatte durch einen der Beteiligten eines solchen Gesprächs von den Inhalten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens erfahren und das zum Anlass genommen, den Mitarbeitern zu kündigen.
Nach der lediglich vorliegenden Pressenmeldung des Landesarbeitsgericht sah dieses die Kündigung als unwirksam an, da weder eine so gravierende Pflichtverletzung in der konkreten Äußerung vorlag, die einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellte, und auch keine persönliche Ungeeignetheit durch die Äußerung vorlag, die einen personenbedingten Kündigungsgrund bilden konnte. Entgegen vieler Kurzbesprechungen dieser Entscheidung, die den Eindruck erwecken, dass eine nicht öffentliche Kommunikation über WhatsApp keine Kündigung rechtfertigt, sollte jedoch beachtet werden, dass genau das nicht vom Landesarbeitsgericht entschieden wurde. Vielmehr hat das Gericht explizit mitgeteilt, dass der Inhalt der Kommunikation vor Gericht verwendet werden kann, um eine Kündigung zu begründen. Je nach Inhalt der Äußerungen kann dann auch eine Kündigung gerechtfertigt sein. Ob eine solche Verwertung tatsächlich zulässig ist, erscheint aber fraglich. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es wird spannend, ob das Bundesarbeitsgericht ebenfalls eine Verwertung einer solchen Kommunikation im Rahmen eines Prozesses für zulässig erachtet. Hierbei wird es nach unserer Ansicht vor allem darauf ankommen, auf welchem Weg der Arbeitgeber vom Inhalt der Kommunikation Kenntnis erlangt hat. Sollte einer der Beteiligten den Inhalt freiwillig weitergeben, spricht wohl nichts gegen eine Verwertung des Inhalts der Kommunikation. Lediglich im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer verhaltensbedingten Kündigung auf der Stufe der Interessenabwägung im Einzelfall dürfte dann zu Gunsten des Arbeitnehmers herangezogen werden, dass die Äußerung nicht öffentlich erfolgte.
Erlangt der Arbeitgeber aber auf anderem (unzulässigem, z.B. heimliches Ausspähen der Kommunikation) Weg von dem Inhalt Kenntnis, ist es sehr fraglich, ob der Arbeitgeber den Inhalt verwerten darf.
Tipp: Arbeitnehmer sollten die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nicht als Freibrief verstehen, in einer WhatsApp-Nachricht alles sagen zu dürfen und dann keine Kündigung zu riskieren. Vielmehr besteht die Gefahr, dass auch kritische Äußerungen über den Arbeitgeber eine Kündigung rechtfertigen können. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat durch die Verwertungsmöglichkeit einer solchen Nachricht vor Gericht jedenfalls das Tor für den Ausspruch einer wirksamen Kündigung weit aufgestoßen.