Am 20. Mai 2022 fegte ein Sturm über Paderborn, der in einigen Stadtteilen eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Viele Betriebe erlitten dabei solche Schäden, dass in den kommenden Wochen nicht mit einem normalen Geschäftsbetrieb zu rechnen ist. Hieraus ergeben sich für viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber Fragen rund um Lohn, Arbeitstätigkeit und Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Einen ersten Überblick hierzu soll der vorliegende Ratgeber geben.

Muss der Lohn in der kommenden Zeit gezahlt werden, wenn durch den Sturm die Räumlichkeiten zerstört wurden?

Grundsätzlich muss kein Lohn gezahlt werden, wenn nicht gearbeitet wird. Jedoch hat der Gesetzgeber u.a. im § 615 BGB die Grundlage geschaffen, dass der Lohn weiter zu zahlen ist, wenn sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug befindet oder er das sogenannte Betriebsrisiko für den Arbeitsausfall trägt. Im Falle von höherer Gewalt und Naturkatastrophen wie zum Beispiel auch einem Sturm haben die Gerichte bereits mehrmals entschieden, dass solche Fälle dem sogenannten Betriebsrisiko zugerechnet werden. Daher haben Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf die Fortzahlung der Vergütung, wenn der Arbeitgeber auf Grund der Zerstörung oder Beeinträchtigung der Betriebsräumlichkeiten wegen des Sturms den Betrieb nicht aufrechterhalten kann und der Arbeitnehmer deswegen nicht arbeitet. Selbstverständlich gilt das nicht nur für Vollzeitmitarbeiter sondern auch für Teilzeitkräfte und natürlich auch Minijobber.

Generell möglich ist es selbstverständlich auch, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung finden und beide Seiten sich auf eine vorübergehende Reduzierung des Arbeitsentgelts einigen. Zu beachten ist insoweit jedoch, dass hierdurch grundsätzlich kein Anspruch auf Arbeitslosengeld begründet wird und auch ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld nicht bestehen dürfte.

Sollte ein Arbeitgeber durch die Schäden und damit eine Betriebsunterbrechung in eine wirtschaftliche Schräglage geraten und Insolvenz anmelden müssen, sollten Arbeitnehmer daran denken, rechtzeitig einen Antrag auf Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit zu stellen. Hierbei geltend Fristen, die bei einer Nichtbeachtung dazu führen, dass letztlich kein Insolvenzgeld gezahlt wird. Auch sollte darauf geachtet werden, wenn das Arbeitsentgelt nicht gezahlt wird, die Ansprüche geltend gemacht werden sollten, damit ggfls. bestehende Ausschlussfristen nicht die Ansprüche untergehen lassen. Ausschlussfristen sind häufig in Arbeitsverträgen und Tarifverträgen geregelt. Nach diesen kann ein Anspruch ausgeschlossen sein, wenn der Anspruch nicht binnen einer in der Vorschrift bestimmten Frist geltend gemacht wird. Auch die Form, wie der Anspruch geltend gemacht werden muss, ist meistens in den jeweiligen Regelungen festgehalten.

Sollten Arbeitgeber eine Betriebsunterbrechungsversicherung haben, kann er ggfls. die Lohnkosten von der Versicherung erstattet bekommen. Auch wenn derzeit sicherlich die Aufräumarbeiten im Vordergrund stehen, sollten Arbeitgeber ihrer insoweit bestehenden Obliegenheit nachkommen, den Schaden unverzüglich zu melden, damit es zu keinen Problemen mit der Erstattung der Löhne kommt. Darüber hinaus sollten die Sachschäden ebenfalls einer insoweit bestehenden Versicherung gemeldet werden.

Müssen Arbeitnehmer bei Aufräumarbeiten mithelfen?

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer nur die Arbeiten vornehmen, zu denen sie nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet sind. Da Arbeitsverträge den Tätigkeitsbereich meistens nur recht oberflächig festlegen und häufig auch sogenannte Versetzungsklauseln, nach welchen andere Tätigkeiten im Rahmen der Zumutbarkeit zugewiesen werden dürfen, vorhanden sind, kann der Arbeitgeber ggfls. eine Weisung nach § 106 GewO nach sogenanntem billigem Ermessen vornehmen.

Hierbei kommt es letztlich auf die jeweilige vertragliche Tätigkeit des Mitarbeiters und den Aufgaben, die aktuell zugewiesen werden sollen, an und muss individuell bestimmt werden. Insoweit ist jedoch auf jeden Fall zu beachten, dass in den meisten Fällen, abgesehen von Mitarbeitern von Baufirmen, sicherlich keine mehrtätigen Arbeiten bzgl. des Abtransports von Bauschutt oder ähnlichem vorgenommen werden muss. Zwar können im Rahmen von ersten Sicherungsmaßnahmen im Notfall, wie bei Zerstörrungen der Räumlichkeiten durch den jetzigen Sturm, Arbeitsaufgaben zugewiesen werden, die in „normalen“ Zeiten nicht zugewiesen werden dürfen. Hierbei darf es sich aber nur um erste Notfallmaßnahmen handeln. Aber selbst hierbei ist zu beachten, dass sich Mitarbeiter grundsätzlich nicht selbst in Gefahr begeben müssen, wenn die Räumlichkeiten beispielsweise einsturzgefährdet sind oder ein behördliches Betretungsverbot ausgesprochen wurde. Ob eine solche Situation vorliegt, muss individuell geprüft werden.

Letztlich muss jeweils im Einzelfall bestimmt werden, wo die Grenzen der zulässigen Weisung bzgl. der Arbeitstätigkeit liegen. Eine allgemeine Antwort und generelle Bestimmung der Grenzen ist daher nicht möglich. So würde es sicherlich eher zulässig sein, eine Reinigungskraft eine einzelne defekte Fensterscheibe entsorgen zu lassen, als sie größere, schwere Platten wegtragen zu lassen, wenn sie für normale Reinigungsarbeiten eingestellt wurde. Für Bürokräfte sind sicherlich größere Aufräumarbeiten, die die Bausubstanz betreffen, nicht zuweisbar. Aufräumarbeiten bzgl. der einzelnen Büromaterialen werden aber sicherlich grundsätzlich zulässig sein. Entsprechendes gilt für Verkäufer, die auch zuvor bereits Waren in den Räumlichkeiten „bewegt“ haben.

Sollte ein Betriebsrat im Betrieb existieren, ist dieser zumindest nach den absolut ersten Notfallmaßnahmen bei personellen Maßnahmen zu beteiligen.

Generell möglich ist es selbstverständlich, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber insoweit eine einvernehmliche Lösung finden und beide Seiten sich auf eine vorübergehende andere Tätigkeit einigen.

Kann das Arbeitsverhältnis gekündigt werden, wenn nicht gearbeitet werden kann?

Sollte zunächst nicht weitergearbeitet werden können, wird sich in einigen Fällen die Frage stellen, ob ein Arbeitsverhältnis beendet werden kann. Hierbei muss grundsätzlich zunächst zwischen Betrieben, die mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter im Sinne des § 23 KSchG beschäftigen, und kleineren Betrieben unterschieden werden. In kleineren Betrieben können Arbeitgeber letztlich ohne Grund unter Einhaltung der Kündigungsfrist Arbeitsverhältnisse kündigen. In größeren Betrieben besteht die Möglichkeit einer solchen Kündigung ohne Kündigungsgrund nur, wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als sechs Monate besteht. Ansonsten muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund im Sinne des § 1 KSchG haben. Sollte der Betrieb keine Arbeit auf Grund des Sturms haben, könnte ein sogenannter betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Dieser setzt voraus, dass der Arbeitsplatz dauerhaft weggefallen ist. Ein solcher Fall wird nach dem jetzigen Sturm wohl nur dann vorliegen, wenn der Betrieb dauerhaft eingestellt werden soll. Soll der Betrieb in absehbarer Zeit, zum Beispiel nach einer Renovierung wieder fortgeführt werden, ist der Arbeitsplatz nicht dauerhaft entfallen, so dass eine Kündigung unzulässig wäre, da kein Kündigungsgrund vorliegt.

Bei befristet angestellten Mitarbeitern kann eine Kündigung grundsätzlich bis zum Ablauf der Befristung unzulässig sein, wenn im Arbeitsvertrag nicht die Möglichkeit einer Kündigung geregelt wurde.

Außerordentliche (fristlose) Kündigungen dürften vorliegend grundsätzlich überhaupt nicht zulässig sein.

Arbeitnehmer sollten insbesondere beachten, dass eine Regelung zwischen ihm und Arbeitgeber, nach welcher das Arbeitsverhältnis zunächst enden und zu einem späteren Zeitpunkt wieder neu begründet werden soll, zu erheblichen Nachteilen führen kann. Denn in diesen Fällen führt der Arbeitnehmer eine Arbeitslosigkeit selbst herbei, was voraussichtlich zu einer Sperrzeit bzgl. des Arbeitslosengeld führen wird. Das bedeutet, der Arbeitnehmer erhält über einen längeren Zeitraum (bis zu 3 Monate) kein Arbeitslosengeld.

Sollte die Beendigung des Arbeitsverhältnis im Raum stehen, sollten sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber individuell informieren, ob eine Kündigung im konkreten Fall zulässig ist.

Was ist bei unmittelbar durch den Sturm verursachten Personenschäden bei Arbeitnehmern zu beachten

Sollten Arbeitnehmer während der Arbeit durch den Sturm verletzt worden sein, dürfte es sich um einen Arbeitsunfall handeln. Es sollte daher (spätestens) eine Meldung innerhalb von drei Tagen bei der zuständigen Stelle (z.B. gesetzliche Unfallversicherung, Berufsgenossenschaft) erfolgen. Die Meldung muss grundsätzlich vom Arbeitgeber vorgenommen werden.

Wenn Sie noch in einer Beschäftigung sind, aber wissen, dass Ihr Arbeitsverhältnis bald endet, zum Beispiel wenn Sie eine Kündigung erhalten haben oder das Arbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung enden wird, sollten Sie sich umgehend arbeitsuchend melden. Eine Obliegenheit zur Arbeitssuchendmeldung besteht insoweit insbesondere nach § 38 SGB III. Halten Sie die dort geregelten Vorgaben nicht ein, drohen Ihnen negative Konsequenzen beim Arbeitslosengeld.

Seit dem 01.01.2022 beteht neben den bereits bestehenden Möglichkeiten der Meldung vor Ort in der Agentur für Arbeit, der telefonischen Meldung unter der Telefonnummer 088-4555500 und der schriftlichen Meldung, die Möglichkeit, sich online bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (https://web.arbeitsagentur.de/). Hier müssen Sie jedoch die Online-Funktion Ihres Personalausweises freigeschaltet haben und ein entsprechendes Kartenlesegerät besitzen, um den Antrag stellen zu können.

Tipp: Da Ihnen Sanktionen in Hinblick auf Ihr Arbeitslosengeld drohen, wenn Sie die Vorgaben des § 38 SGB III nicht einhalten, sollten Sie immer versuchen, einen Nachweis für die Arbeitssuchendmeldung zu haben. Im Falle der telefonischen Meldung ist das meistens nicht der Fall. In den meisten Agenturen für Arbeit haben Sie bei der Meldung vor Ort längere Wartezeiten einzuplanen oder es gelten sogar ggfls. auf Grund der Corona-Pandemie nur eingeschränkte Öffnungszeiten bzw. Zugangsmöglichkeiten. Es bietet sich daher grundsätzlich an, die Meldung schriftlich zu verfassen und von einem Boten bei der Agentur für Arbeit abgeben zu lassen. Einschreiben könnten gglfs. In Hinblick auf § 38 SGB III zu spät eintreffen und sollten daher vermieden werden. Die neue Möglichkeit der Agentur für Arbeit der Onlinemeldung bietet sich jetzt auch an, um einen Nachweis zu erhalten. Jedoch ist hierbei die Zugangsvoraussetzung einer Freischaltung des neuen Personalausweises und eines Kartenlesegeräts ein Kriterium, das viele nicht erfüllen können.

Wird eine 450,- €- Kraft in Quarantäne wegen Corona geschickt, stellt sich häufig die Frage, ob die Mitarbeiter Lohn oder sonst eine Ersatzleistung erhalten.
Grundsätzlich erhalten Mitarbeiter nur dann Lohn, wenn sie arbeiten. Falls sie krankheitsbedingt ausfallen, können sie grundsätzlich eine Entgeltzahlung für die Dauer von sechs Wochen von Ihrem Arbeitgeber verlangen – auch Minijobber. Nach dem sechs Wochen Entgeltfortzahlungszeitraum können sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter ggfls. Krankengeld erhalten. Einen solchen Anspruch haben Minijobber hingegen nicht. Sind Mitarbeiter derzeit auf Grund einer Quarantäneanordnung wegen Coroana nicht in der Lage, ihre Arbeitsleistung anzubieten, erhalten sie grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, da eben keine Arbeitsunfähigkeit auf Grund einer Erkrankung, sondern auf Grund der Quarantäne-Anordnung vorliegt. Es kommt jedoch eine Zahlung des Arbeitsentgelts gemäß § 616 S. 1 BGB in Betracht, wenn der Arbeitsausfall nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund besteht und der ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Was unter einer „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ zu verstehen ist, ist unter den Juristen umstritten. Das Bundesarbeitsgericht nimmt insoweit an, dass es sich hierbei nur um wenige Tage handeln darf, und somit die Dauer einer üblichen Quarantäne zwischen 10 bis 14 Tagen eher nicht als eine solche verhältnismäßige Zeit anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof würde voraussichtlich eine solche Zeitspanne als noch verhältnismäßig ansehen. Eine bindende Entscheidung der Gerichte liegt insoweit derzeit noch nicht vor. Aus diesem Grund wird man davon ausgehen können, dass es hierbei noch ein erhebliches Streitsaufkommen vor den Gerichten kommen wird. Denn wenn man einen solchen Anspruch eines Arbeitnehmers ablehnt, würde der Stadt gegebenenfalls nach § 56 IfSG eine Entschädigung nach § 56 Abs. 2 und 3 IfSG vornehmen müssen. Es handelt sich insoweit nicht um eine tatsächliche Entgeltzahlung wie bei Krankentagen. Letztlich würde dann ggfls. der Staat die Leistungen erbringen müssen. Würde man einen Anspruch hingegen bejahen, so würde der Arbeitgeber mit der Zahlungspflicht belastet, da in diesem Fall der subsidiäre Anspruch aus § 56 IfSG entfallen würde. Da beide Seiten sicher nicht nachgeben werden, liegt hierin auch ein erheblichen Konfliktpotential für alle drei Beteiligten.

Tipp: Sollte die Anwendbarkeit des § 616 BGB im Arbeitsvertrag oder auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag ausgeschlossen sein, würde grundsätzlich kein Konfliktpotential zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen, da dann unproblematisch lediglich ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG in Betracht kommen würde.
Aber auch in diesem Fall müssten die Voraussetzungen des § 56 IfSG noch gründlich geprüft werden: Denn gem. § 56 Absatz 1 Satz 4 Alternative 1 IfSG wird eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht gezahlt, wenn der Betroffene durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.
Die Corona–Schutzimpfung ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber die STIKO empfiehlt die Impfung und die Landesgesundheitsbehörden haben sich dem angeschlossen. Dies entspricht nach überwiegender Ansicht einer öffentlichen Empfehlung. Zu beachten ist aber ferner § 10 Absatz 1 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmeV). Hiernach gilt für geimpfte Personen grundsätzlich, dass sie nur in Ausnahmefällen in Quarantäne müssen, sofern nach Landesrecht insoweit eine Pflicht zur Absonderung besteht. Die behördliche Anordnung ist daher letztlich immer eine Voraussetzung, damit ein Erstattungsanspruch besteht.

Arbeitgeber sollten daher bei Ihrem Mitarbeiter zunächst noch einmal mit dem folgenden Schreiben nachfragen:

„Sehr geehrte/r Frau/Herr …..,

Sie teilten uns am ….. mit, dass Sie eine behördliche Anordnung für eine Quarantäne wegen eines Covid-19-Kontaktes haben. Auf Grund Ihrer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und des Umstandes, dass im Arbeitsvertrag die Anwendung des § 616 BGB ausgeschlossen wurde, erfolgt durch uns grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Es besteht aber die Möglichkeit, dass Sie eine Entschädigung vom Staat nach § 56 IfSG erhalten. Voraussetzung hierfür ist einerseits die behördliche Anordnung der Quarantäne und andererseits gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 1. Alt. IfSG, dass die Maßnahme nicht durch eine Impfung hätte vermieden werden können. Bitte übermitteln Sie mir daher den Nachweis der behördlichen Anordnung der Quarantäne und einen Nachweis Ihres Impfstatus. Sollten Sie nicht geimpft sein, teilen Sie mir bitte insoweit die Gründe mit, damit ich diese unmittelbar an die zuständige Behörde weiterleiten kann. Für die Übermittlung der vorgenannten Informationen habe ich mir eine Frist bis zum …. notiert.
Bitte beachten Sie insoweit, dass ich eine Auszahlung der Entschädigung ohne die vorgenannten Informationen nicht vornehmen kann, da ansonsten Ihrerseits gegenüber dem Staat keine Erstattungspflicht wegen der Quarantäne besteht und eine Entschädigung von Seiten des Staates abgelehnt wird, so dass eine Zahlung zu Unrecht erfolgen würde.

Mit freundlichen Grüßen“

Ein solches Vorgehen ist m.E. erforderlich, um für die Arbeitsvertragsparteien sicher zu gehen, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers besteht. Denn sollte der Mitarbeiter nicht geimpft sein oder für die Nichtimpfung entsprechende Gründe haben, würde der Arbeitgeber grundsätzlich das Geld von dem Mitarbeiter unmittelbar zurückfordern müssen, mit der Konsequenz, dass er gegebenenfalls diesen Betrag nicht mehr realisieren können, wenn der Mitarbeiter sich weigert den Betrag zurückzahlen und dieser z.B. nur unterhalb der Pfändungsfreigrenzen verdient und er sich in einer Privatinsolvenz befindet. In diesem Fall hätten der Arbeitgeber zwar einen Rückforderungsanspruch, aber praktisch wäre er nicht durchsetzbar.

Können Straftaten, die außerhalb des Arbeitsverhältnisses begangen wurden, eine Kündigung rechtfertigen? Mit dieser Frage befasste sich das Landesarbeitsgericht Hamm in seinem Urteil vom 19.08.2021, Az. 8 Sa 1671/19. Ein Arbeitnehmer, der Mobilfunkverträge als kaufmännischer Angestellter vermittelte, ausfertigte und hierfür Provisionen erhielt, hatte sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgericht gefälschte Lohnabrechnungen machen lassen und die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau fehlerhaft angegeben, um einen Kredit zu erhalten. Hierfür hatte er u.a. sein tatsächliches Fixgehalt und mehrere Tausend Euro auf den Lohnabrechnungen erhöht. Als der Arbeitgeber hiervon durch eine Zeugenvernehmung der Strafbehörden erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin.

Das Landesarbeitsgericht hatte zu prüfen, ob ein sogenannter wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorlag, der eine außerordentliche Kündigung stützen konnte. Liegt ein solcher Kündigungsgrund vor, kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Das ist dann der Fall, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dessen Fortsetzung auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ob solche Tatsachen vorliegen, prüfen die Gerichte in zwei Stufen. Zunächst wird geprüft, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, also typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. In einem weiteren Schritt werden dann die konkreten Umstände im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien geprüft in Hinblick darauf, ob es dem Kündigenden zumutbar ist, das Beschäftigungsverhältnis bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung fortzusetzen.

Außergerichtlich begangene Straftaten können nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hamm einen solchen Grund, der „an sich“ eine Kündigung auf der ersten Stufe rechtfertigt bilden, wenn sie nach objektiver Betrachtung geeignet sind, ernsthafte Zweifel an der Eignung des Arbeitnehmers für die ihm obliegende Tätigkeit zu begründen. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit aus:

„Voraussetzung ist (…) regelmäßig, dass das außerdienstliche Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret berührt, etwa im Kontext der Arbeitsleistung oder aber im Bereich des personalen Vertrauens (…). Die Frage der weiteren Eignung des Arbeitnehmers bestimmt sich dabei im Einzelfall unter Berücksichtigung der Art des begangenen Delikts und der konkreten Arbeitsaufgabe (…).“

Das Landesarbeitsgericht stellte insoweit fest, dass das Fehlverhalten eines kaufmännischen Angestellten, der konkret mit Vertragsabschlüssen befasst ist und der eine Straftat begeht, die insbesondere einen finanziellen Bezug und auf den Abschluss eines Vertrages zielt, „objektiv auf die fehlende Eignung“ des Arbeitnehmers schließen lässt. Es stehe insoweit zu befürchten, dass der Angestellte seine fehlende Rechtstreue aus dem Privatbereich auch im Arbeitsverhältnis zeigen würde. Das Gericht bejahte daher einen wichtigen Kündigungsgrund als solchen. Auch die zweite Stufe der Kündigung, die Umstände im konkreten Einzelfall, wurde als gegeben angesehen, so dass die Kündigung wirksam war.

Tipp: Außergerichtliches Verhalten kann grundsätzlich auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen. Die Grenzen hierbei sind leider nicht eindeutig in der Praxis zu ziehen. Hätte es sich vorliegend beispielsweise um einen Sachbearbeiter gehandelt, der nicht unmittelbar Verträge abschließt oder mit finanziellen Transaktionen befasst ist, wäre eine Kündigung wohl unzulässig gewesen. Auch ist fraglich, ob eine Kündigung zulässig gewesen wäre, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise in einem Supermarkt etwas gestohlen hätte. Die Ausführungen des Landesarbeitsgericht sowie die Grenzen sind insoweit an der entscheidenden Stelle leider sehr schwammig. Ein Vergleich zu Fällen mit einer Kündigung wegen eines Führerscheinentzugs zeigt, dass sich grundsätzlich eine konkrete Auswirkung auf das Beschäftigungsverhältnis durch den Verstoß ergeben muss (vgl. BAG, Urteil vom 05.06.2008 – 2 AZR 984/06) oder zumindest ein konkreter Bezug zwischen Arbeitsverhältnis und Straftat bestehen muss. So führte das BAG in einer anderen Entscheidung vom 28.10.2010 – 2 AZR 293/09 aus:

„Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat, wenn etwa der Arbeitnehmer die Straftat unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begeht (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 21, aaO). Ein solcher Bezug kann auch dadurch entstehen, dass sich der Arbeitgeber oder andere Arbeitnehmer staatlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen oder in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht werden (Senat 27. November 2008 – 2 AZR 98/07 – Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 90 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 4; 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 – Rn. 58, aaO). Fehlt hingegen ein solcher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, scheidet eine Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig aus (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 21, aaO; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 690).“

Diesen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat das Landesarbeitsgericht anscheinend nicht in seine Urteilsfassung aufnehmen wollen, da es einen weiteren Tatbestand herangezogen hat, nämlich den Umstand, dass bei der Kreditvergabe vom Arbeitnehmer auch eine fehlerhafte Auskunft über das Einkommen seiner Ehefrau zur Kündigungsbegründung angeführt hat. Diese Auslassung bzw. die Heranziehung der Angabe der zu hoch angegebenen Einkommensverhältnisse der Ehefrau zeigen, dass das Landesarbeitsgericht hier letztlich eine deutliche Ausweitung der Kündigungsgründe vornimmt. In der Praxis sollte hoffentlich die Grenzziehung für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bei einem außergerichtlichen Kündigungsgrund, die das Bundesarbeitsgericht vornimmt, auch von den Instanzgerichten beachtet werden. Die insoweit zumindest etwas klareren Grenzen führen zu einer höheren Rechtssicherheit. Das Landesarbeitsgericht hätte insoweit zumindest alleine auf die Vorlage der unzutreffenden Gehaltsabrechnungen abstellen können, die unzweifelhaft einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben. Auch die Zeugenvernehmung des Arbeitgebers hätte insoweit zur Herstellung eines Bezugs zum Arbeitsverhältnis ausgereicht. Die Heranziehung des Umstands der Angabe der Einkommensverhältnisse der Ehefrau hätte das Landesarbeitsgericht besser nicht vorgenommen. Insoweit sei auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Möglichkeiten einer Anfechtung bzw. Kündigung des Arbeitsvertrages in den Fällen der wahrheitswidrigen Beantwortung von Vorstrafen bei der Einstellung verwiesen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 06.09.2012 – 2 AZR 270/11), wonach zwar die Falschauskunft als solche bei einer nur in Einzelfällen zulässigen Frage nach Vorstrafen eine Anfechtung oder Kündigung rechtfertigen bzw. begründen kann, aber nicht die Vorstrafe als solche. Nur dann kann eine Vorstrafe diese arbeitsrechtlichen Instrumente rechtfertigen, wenn eine sogenannte Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers insoweit bestand. Eine solche Pflicht ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts „an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände entweder dem Bewerber die Erfüllung seiner vorgesehenen arbeitsvertraglichen Leistungspflicht von vornherein unmöglich machen oder doch für die Eignung für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind.“     

Nach der aufsehenerregenden Entscheidung des EuGH zu der Verpflichtung ein Zeiterfassungssystem im Betrieb einführen zu müssen (EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18 – CCOO) gibt es in der Rechtsprechung nun vermehrt Entscheidungen darüber, welche Folgen dieses Urteil auf die deutsche Rechtsprechung hat. So hatte das Arbeitsgericht Emden (Arbeitsgericht Emden, Urteil vom 20.2.2020 – 2 Ca 94/19) entschieden, dass Arbeitgeber nunmehr verpflichtet sind, ein Zeiterfassungssystem einzuführen und wenn sie das nicht tun, die fehlende Zeiterfassung zu seinen Lasten beispielsweise in Prozessen über Überstunden gewertet werden kann, so dass Arbeitnehmer insoweit teilweise erhebliche Beweiserleichterungen im Prozess erfahren können. Zwar wurde dieses Urteil vom Berufungsgericht (LAG Niedersachsen, Urteil vom 6.5.2021 – 5 SA 1292/20) mit der Begründung aufgehoben, dass der EuGH zwar ein Entscheidungsrecht über Arbeitszeiten, nicht jedoch über Lohnangelegenheiten habe. Zwar ist diese Argumentation nachvollziehbar, jedoch können sich Rechte und Pflichten aus unterschiedlichen Bereichen aufeinander auswirken. Erfüllt ein Arbeitgeber nicht die Anforderungen an die Arbeitssicherheit, können diese Verstöße sich auch auf die Schadensersatzpflichten bzw. Entgeltfortzahlungspflichten des Arbeitgebers auswirken. Es bleibt daher spannend, wie sich das Urteil des EuGH insoweit in der Praxis auf Lohnstreitigkeiten auswirken wird. Eine Revision scheint insoweit beim Bundesarbeitsgericht bereits anhängig zu sein.

Eine weitere Facette könnte sich bereits vor der Gesetzesänderungen des Arbeitszeitgesetzes, die wegen des Urteils des EuGH auf jeden Fall erfolgen muss, bereits jetzt ergeben, wenn Betriebsräte die Einführung eines Zeiterfassungssystems bereits jetzt vom Arbeitgeber verlangen. Bislang wurde ein solcher Anspruch nämlich überwiegend von der Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.1989 – 1 ABR 97/88) abgelehnt, da es sich bei § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG nach bisheriger Meinung um ein Kontroll- bzw. Abwehrrecht des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber handelte, um die Arbeitnehmer vor (unzulässiger) Überwachung durch einen Arbeitgeber zu schützen. Nach Ansicht des LAG Hamm (LAG Hamm, Beschluss vom 27.7.2021 – 7 TaBV 79/20) ist das jedoch nicht der Fall und dem Betriebsrat kommt insoweit ein Initiativrecht zu. Begründet wird diese der Rechtsprechung des BAG auf den ersten Blick widersprechende Rechtsauffassung mit dem Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 BetrVG mit Verweis auf die Gesetzesbegründung der Norm. Hiernach würde es sich gerade nicht um ein reines Abwehrrecht handeln, sondern auf Grund einer zwischenzeitlich erfolgten Änderung des Wortlauts der Regelung müsse die Vorschrift weit ausgelegt werden, so dass dem Betriebsrat auch ein Initiativrecht bei der Einführung eines solchen Systems zustehen würde.

Tipp: Zwar wurde gegen den Beschluss des LAG Hamm bereits eine Revision eingelegt (BAG, Az. 1 ABR 22/21). Gleichwohl sollten Arbeitgeber sich auf eine solche, möglicherweise kostenintensive rechtliche Auseinandersetzung mit dem Betriebsrat nur in Ausnahmefällen einlassen, da auf Grund der Verpflichtung des Gesetzgebers auf Grund des EuGH-Urteils ohnehin bald eine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines solchen Systems bestehen wird. Durch eine solche Auseinandersetzung kann ein Arbeitgeber daher aller Voraussicht nach zwar die Einführung eines solchen Systems um einige Monate verzögern, aber wahrscheinlich auf Dauer nicht vollständig unterbinden können.