Der Gemeinschaftsbetrieb im Kündigungsschutzrecht – Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen müssen

Das deutsche Kündigungsschutzrecht bietet Arbeitnehmern einen wichtigen Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen – aber nicht in jedem Betrieb greifen diese Schutzvorschriften automatisch. Denn grundsätzlich müssen mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG in einem Betrieb regelmäßig beschäftigt werden, damit das Kündigungsschutzgesetz überhaupt für den Betrieb gilt. Gerade bei der zunehmenden Vernetzung von Unternehmen stellt sich häufig die Frage, wann ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt und welche Folgen dies für den Kündigungsschutz hat.

Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz überhaupt?

Zunächst muss der Betrieb die gesetzlichen Mindestgrößen erreichen: Für Arbeitsverhältnisse, die ab 2004 begonnen haben, müssen mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein. Bei älteren Arbeitsverhältnissen (Bestand vor dem 31.12.2003) gilt noch der niedrigere Schwellenwert von mehr als 5 Arbeitnehmern. Teilzeitkräfte werden dabei anteilig berücksichtigt: Beschäftigte mit bis zu 20 Wochenstunden zählen als 0,5, bis 30 Stunden als 0,75 und darüber als volle Arbeitnehmer. Außerdem muss das Arbeitsverhältnis die sechsmonatige Wartezeit erfüllt haben.

Der Gemeinschaftsbetrieb – Mehr als nur Zusammenarbeit

Besonders spannend wird es, wenn mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen eng zusammenarbeiten. Ein Gemeinschaftsbetrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes liegt vor, wenn diese Unternehmen einen Betrieb mit einheitlichem Leitungsapparat führen. Entscheidend ist dabei, dass die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen, vor allem in personellen und sozialen Angelegenheiten, einheitlich ausgeübt werden.

Worauf kommt es konkret an?

Interessanterweise muss keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Unternehmen bestehen – die tatsächliche Praxis ist ausschlaggebend. Wenn Betriebsmittel und Personal gemeinsam für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck eingesetzt werden, spricht dies für einen Gemeinschaftsbetrieb. Eine bloße Kooperation oder die gemeinsame Nutzung einzelner Einrichtungen reicht dagegen nicht aus.

Praktische Auswirkungen für den Kündigungsschutz

Die Feststellung eines Gemeinschaftsbetriebs hat weitreichende Folgen: Alle Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen werden bei den Schwellenwerten zusammengerechnet. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl durchgeführt werden. Auch mögliche Weiterbeschäftigungen müssen in allen beteiligten Unternehmen geprüft werden.

Fazit für die Praxis

Für Arbeitgeber bedeutet dies: Die Strukturen der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen sollten sorgfältig geprüft werden. Was vielleicht als lose Kooperation gedacht war, könnte rechtlich als Gemeinschaftsbetrieb eingestuft werden – mit allen Konsequenzen für den Kündigungsschutz.Für Arbeitnehmer kann die Existenz eines Gemeinschaftsbetriebs den Kündigungsschutz erheblich stärken. Es lohnt sich daher, die tatsächlichen Strukturen am Arbeitsplatz genau zu analysieren.Benötigen Sie rechtliche Beratung zu Fragen des Kündigungsschutzes oder der Gestaltung betrieblicher Strukturen? Sprechen Sie uns an – wir unterstützen Sie gerne bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer unternehmerischen Entscheidungen.