Die Fünftelregelung bei Abfindungen ab 2025 – Grundlegende Änderungen

Mit dem Wachstumschancengesetz kommen ab dem 1. Januar 2025 weitreichende Änderungen auf Arbeitnehmer zu, die eine Abfindung erhalten. Die bisher im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendete Fünftelregelung wird grundlegend reformiert. Dieser erste Teil unserer dreiteiligen Serie beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und erklärt die wichtigsten Änderungen.

Neue rechtliche Rahmenbedingungen ab 2025

Die Fünftelregelung nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) bleibt zwar in ihren Grundzügen bestehen, wird aber verfahrenstechnisch neu geregelt. Der zentrale Unterschied: Die steuerliche Begünstigung erfolgt nicht mehr automatisch bei der Auszahlung durch den Arbeitgeber, sondern erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Diese Änderung hat erhebliche praktische Auswirkungen. Arbeitgeber müssen künftig die volle Lohnsteuer von der Abfindung einbehalten. Die steuerliche Entlastung erfolgt erst später durch das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Dies bedeutet für Arbeitnehmer zunächst eine höhere finanzielle Belastung zum Zeitpunkt der Auszahlung.

Steuerprogression und ihre Bedeutung

Um die Bedeutung der Fünftelregelung zu verstehen, ist ein Blick auf das Prinzip der Steuerprogression wichtig. Unser Einkommensteuersystem ist progressiv gestaltet: Je höher das zu versteuernde Einkommen, desto höher der Steuersatz. Dieser steigt von 14% bis auf 45% bei sehr hohen Einkommen. Bei einer Abfindung, die zusätzlich zum regulären Gehalt gezahlt wird, würde ohne die Fünftelregelung der gesamte Betrag dem höchsten persönlichen Steuersatz unterliegen. Dies würde zu einer unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung führen durch die Zusammenballung von Einkünften.

Zusammenballung von Einkünften verstehen

Eine steuerlich relevante Zusammenballung liegt vor, wenn in einem Jahr außerordentliche Einkünfte hinzukommen, die für mehrere Jahre gezahlt werden. Bei Abfindungen ist dies typischerweise der Fall, da sie meist als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und damit für mehrere Jahre entgangenes Gehalt gezahlt werden.Die Fünftelregelung mildert die steuerlichen Folgen dieser Zusammenballung ab. Sie verteilt die Abfindung rechnerisch auf fünf Jahre und ermittelt so einen durchschnittlichen Steuersatz. Dieser wird dann auf die gesamte Abfindung angewendet.

Voraussetzungen für die Anwendung

Damit die Fünftelregelung zur Anwendung kommen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Abfindung muss als Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen gezahlt werden
  • Es muss sich um eine Zusammenballung von Einkünften handeln
  • Die Zahlung muss für einen Zeitraum von mindestens zwei Veranlagungszeiträumen bestimmt sein
  • Die Abfindung muss in einem Betrag ausgezahlt werden (Teilzahlungen können schädlich sein)

Praktische Bedeutung für Arbeitnehmer

Die Neuregelung bedeutet für Arbeitnehmer vor allem eines: Sie müssen sich auf eine höhere initiale Steuerbelastung einstellen. Die Steuererstattung erfolgt erst nach Einreichung der Steuererklärung und deren Bearbeitung durch das Finanzamt. Dies erfordert eine sorgfältige finanzielle Planung.Zudem wird die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr der Abfindungszahlung verpflichtend. Nur so kann die steuerliche Begünstigung durch die Fünftelregelung in Anspruch genommen werden.Dokumentation und NachweiseBesondere Bedeutung kommt künftig der korrekten Dokumentation zu. Arbeitgeber müssen die Abfindung in der Lohnsteuerbescheinigung gesondert ausweisen. Arbeitnehmer sollten folgende Unterlagen sorgfältig aufbewahren:

Diese Dokumente sind für die spätere Beantragung der Fünftelregelung in der Steuererklärung unerlässlich:

  • Aufhebungsvertrag oder Abfindungsvereinbarung
  • Lohnsteuerbescheinigung mit gesondertem Ausweis der Abfindung
  • Nachweise über die Berechnung der Abfindungshöhe
  • Unterlagen zur bisherigen Beschäftigungsdauer

Fazit und Ausblick

Die Änderungen bei der Fünftelregelung ab 2025 bringen zwar keine grundsätzliche Verschlechterung der steuerlichen Behandlung von Abfindungen mit sich, erfordern aber eine sorgfältigere Planung und Vorbereitung durch die Arbeitnehmer. Die zeitliche Verschiebung der steuerlichen Entlastung macht eine vorausschauende Liquiditätsplanung unerlässlich.In den folgenden Teilen dieser Serie werden wir uns mit den praktischen Auswirkungen, konkreten Berechnungsbeispielen und besonderen Fallkonstellationen beschäftigen. Dabei werden wir auch auf die Besonderheiten bei der Sozialversicherung und mögliche Gestaltungsoptionen eingehen.