Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Nicht immer ein Jackpot- Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 22. März 2017, Az. 10 AZR 448/15
Arbeitsverträge enthalten häufig den Hinweis, dass Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit nicht bei einem Wettbewerber tätig werden dürfen. Eine solche Vereinbarung kann unter bestimmten Voraussetzungen wirksam sein, wobei an die Zulässigkeit einer solchen Klausel strenge Anforderungen zu stellen sind. Unter anderem wird in § 110 Gewerbeordnung folgendes geregelt:
110 GewO
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
74 HGB lautet:
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Insbesondere im Hinblick auf die Vorschrift im § 74 HGB Abs. 2, dass eine Entschädigung für diesen Zeitraum zu zahlen ist (eine sogenannte Karenzentschädigung), ist die Wirksamkeit der regelmäßig in der Praxis anzutreffenden formularmäßigen Wettbewerbsverbote häufig zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitig. Die Arbeitsgerichte unterscheiden bei der Frage, ob eine solche Wettbewerbsklausel zulässig und wirksam ist, danach, ob die Klausel nichtig oder lediglich unwirksam ist. Im ersten Fall (Nichtigkeit) muss die Klausel komplett unangewendet bleiben, d. h., keine Vertragspartei kann sich auf die Wirksamkeit der Klausel berufen. In einigen Fällen wird jedoch die Klausel nicht als nichtig angesehen, sondern lediglich als unwirksam. In diesem Fall steht es, sofern der Arbeitsvertrag inhaltlich vom Arbeitgeber vorgegeben wurde, dem Arbeitnehmer frei darüber zu entscheiden, ob er sich an dieser Klausel halten möchte und damit eine Entschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbots erhält. Viele Juristen sprechen insoweit auch von einem Jackpot bzw. Lottogewinn, wenn Arbeitnehmer im Anschluss an die Beschäftigung keine neue Stelle erhalten. Denn in diesem Fall können Arbeitnehmer ohne Arbeit letztlich einen höheren Geldanspruch erhalten, als es das Arbeitslosengeld bietet. Besteht dem Arbeitnehmer aber auch frei, sich nicht an das Wettbewerbsverbot zu halten. In diesem Fall erhält er selbstverständlich auch keine Entschädigung.
Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine Klausel, die überhaupt keine Karenzentschädigung vorsah, zwei unwirksam ist, aber der Arbeitnehmer sich gleichwohl auf diese Klausel beziehen und eine Karenzentschädigung erhalten konnte. In dem zu beurteilenden Fall enthielt der Arbeitsvertrag neben dem Wettbewerbsverbot auch noch eine sogenannte salvatorische Klausel. Nach dieser sollte im Falle der Unwirksamkeit einer Regelung, eine Regelung Anwendung finden, die dem Willen der Vertragsparteien nahekommen sollte. Die Vorinstanzen hatten insoweit angenommen, dass die Wettbewerbsklausel zwar grundsätzlich nicht zu beachten sei, aber aufgrund der salvatorische Klausel davon auszugehen sei, dass die Vertragsparteien in diesem Fall eine Karenzentschädigung bei Kenntnis der gesetzlichen Regelung eingehalten hätten. Die Klage hatte daher in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied nunmehr aber zugunsten des Arbeitgebers und nahm an, dass die Klausel nichtig sei und sich der Arbeitnehmer nicht auf die Anwendbarkeit der Klausel berufen konnte.
Tipp: Das vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgerichtes kann sich für beide Vertragsparteien positiv wie auch negativ auswirken. Zwar kann der Arbeitnehmer nicht auf die Zahlung einer Karenzentschädigung bestehen, andererseits kann ihm jedoch nicht verwehrt werden, zu einem unmittelbaren Wettbewerber zu gehen. Der Arbeitgeber kann daher nicht durchsetzen, dass in einem solchen Fall der Arbeitnehmer nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar zu einem Wettbewerber geht. Insoweit ist selbstständig zu beachten, dass vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot besteht. Verstößt ein Arbeitnehmer gegen ein solches Wettbewerbsverbot, droht ihm gegebenenfalls eine außerordentliche Kündigung. Das sollte in der Praxis selbstverständlich vermieden werden.
Die Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes finden Sie unter www.bundesarbeitsgericht.de, Pressemeldung vom 22. März 2017.