Quarantäne eines geringfügig Beschäftigten – Wer muss was bezahlen?
Wird eine 450,- €- Kraft in Quarantäne wegen Corona geschickt, stellt sich häufig die Frage, ob die Mitarbeiter Lohn oder sonst eine Ersatzleistung erhalten.
Grundsätzlich erhalten Mitarbeiter nur dann Lohn, wenn sie arbeiten. Falls sie krankheitsbedingt ausfallen, können sie grundsätzlich eine Entgeltzahlung für die Dauer von sechs Wochen von Ihrem Arbeitgeber verlangen – auch Minijobber. Nach dem sechs Wochen Entgeltfortzahlungszeitraum können sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter ggfls. Krankengeld erhalten. Einen solchen Anspruch haben Minijobber hingegen nicht. Sind Mitarbeiter derzeit auf Grund einer Quarantäneanordnung wegen Coroana nicht in der Lage, ihre Arbeitsleistung anzubieten, erhalten sie grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, da eben keine Arbeitsunfähigkeit auf Grund einer Erkrankung, sondern auf Grund der Quarantäne-Anordnung vorliegt. Es kommt jedoch eine Zahlung des Arbeitsentgelts gemäß § 616 S. 1 BGB in Betracht, wenn der Arbeitsausfall nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund besteht und der ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Was unter einer „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ zu verstehen ist, ist unter den Juristen umstritten. Das Bundesarbeitsgericht nimmt insoweit an, dass es sich hierbei nur um wenige Tage handeln darf, und somit die Dauer einer üblichen Quarantäne zwischen 10 bis 14 Tagen eher nicht als eine solche verhältnismäßige Zeit anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof würde voraussichtlich eine solche Zeitspanne als noch verhältnismäßig ansehen. Eine bindende Entscheidung der Gerichte liegt insoweit derzeit noch nicht vor. Aus diesem Grund wird man davon ausgehen können, dass es hierbei noch ein erhebliches Streitsaufkommen vor den Gerichten kommen wird. Denn wenn man einen solchen Anspruch eines Arbeitnehmers ablehnt, würde der Stadt gegebenenfalls nach § 56 IfSG eine Entschädigung nach § 56 Abs. 2 und 3 IfSG vornehmen müssen. Es handelt sich insoweit nicht um eine tatsächliche Entgeltzahlung wie bei Krankentagen. Letztlich würde dann ggfls. der Staat die Leistungen erbringen müssen. Würde man einen Anspruch hingegen bejahen, so würde der Arbeitgeber mit der Zahlungspflicht belastet, da in diesem Fall der subsidiäre Anspruch aus § 56 IfSG entfallen würde. Da beide Seiten sicher nicht nachgeben werden, liegt hierin auch ein erheblichen Konfliktpotential für alle drei Beteiligten.
Tipp: Sollte die Anwendbarkeit des § 616 BGB im Arbeitsvertrag oder auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag ausgeschlossen sein, würde grundsätzlich kein Konfliktpotential zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen, da dann unproblematisch lediglich ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG in Betracht kommen würde.
Aber auch in diesem Fall müssten die Voraussetzungen des § 56 IfSG noch gründlich geprüft werden: Denn gem. § 56 Absatz 1 Satz 4 Alternative 1 IfSG wird eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht gezahlt, wenn der Betroffene durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.
Die Corona–Schutzimpfung ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber die STIKO empfiehlt die Impfung und die Landesgesundheitsbehörden haben sich dem angeschlossen. Dies entspricht nach überwiegender Ansicht einer öffentlichen Empfehlung. Zu beachten ist aber ferner § 10 Absatz 1 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmeV). Hiernach gilt für geimpfte Personen grundsätzlich, dass sie nur in Ausnahmefällen in Quarantäne müssen, sofern nach Landesrecht insoweit eine Pflicht zur Absonderung besteht. Die behördliche Anordnung ist daher letztlich immer eine Voraussetzung, damit ein Erstattungsanspruch besteht.
Arbeitgeber sollten daher bei Ihrem Mitarbeiter zunächst noch einmal mit dem folgenden Schreiben nachfragen:
„Sehr geehrte/r Frau/Herr …..,
Sie teilten uns am ….. mit, dass Sie eine behördliche Anordnung für eine Quarantäne wegen eines Covid-19-Kontaktes haben. Auf Grund Ihrer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und des Umstandes, dass im Arbeitsvertrag die Anwendung des § 616 BGB ausgeschlossen wurde, erfolgt durch uns grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Es besteht aber die Möglichkeit, dass Sie eine Entschädigung vom Staat nach § 56 IfSG erhalten. Voraussetzung hierfür ist einerseits die behördliche Anordnung der Quarantäne und andererseits gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 1. Alt. IfSG, dass die Maßnahme nicht durch eine Impfung hätte vermieden werden können. Bitte übermitteln Sie mir daher den Nachweis der behördlichen Anordnung der Quarantäne und einen Nachweis Ihres Impfstatus. Sollten Sie nicht geimpft sein, teilen Sie mir bitte insoweit die Gründe mit, damit ich diese unmittelbar an die zuständige Behörde weiterleiten kann. Für die Übermittlung der vorgenannten Informationen habe ich mir eine Frist bis zum …. notiert.
Bitte beachten Sie insoweit, dass ich eine Auszahlung der Entschädigung ohne die vorgenannten Informationen nicht vornehmen kann, da ansonsten Ihrerseits gegenüber dem Staat keine Erstattungspflicht wegen der Quarantäne besteht und eine Entschädigung von Seiten des Staates abgelehnt wird, so dass eine Zahlung zu Unrecht erfolgen würde.
Mit freundlichen Grüßen“
Ein solches Vorgehen ist m.E. erforderlich, um für die Arbeitsvertragsparteien sicher zu gehen, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers besteht. Denn sollte der Mitarbeiter nicht geimpft sein oder für die Nichtimpfung entsprechende Gründe haben, würde der Arbeitgeber grundsätzlich das Geld von dem Mitarbeiter unmittelbar zurückfordern müssen, mit der Konsequenz, dass er gegebenenfalls diesen Betrag nicht mehr realisieren können, wenn der Mitarbeiter sich weigert den Betrag zurückzahlen und dieser z.B. nur unterhalb der Pfändungsfreigrenzen verdient und er sich in einer Privatinsolvenz befindet. In diesem Fall hätten der Arbeitgeber zwar einen Rückforderungsanspruch, aber praktisch wäre er nicht durchsetzbar.